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Schönheit
Haute Hausmannskost

Weinbergschnecken, Sauerampfer, Steckrübensorbet: In deutschen Topküchen liegt neuerdings Land in der Luft. Biologisch und regional müssen sie sein, die Zutaten der modernen Traditionskost. Und symbolisieren somit Ruhe und Rückhalt in Krisenzeiten.

Ein Häufchen Erde, aufkeimende Samen und Pflanzen, dazwischen Gemüse, knackig und bunt. Tomate, Möhre, Paprika. Hier fühlt sie sich wohl, die gewöhnliche Helix pomatia: die in Brandenburg heimische Weinbergschnecke. Eine Landidyllen- Momentaufnahme. Nur: Dieses Naturschauspiel findet nicht etwa auf irgendeinem uckermärkischen Acker statt, sondern in piekfeinem Ambiente. Seltsamer noch: Auf dem eigenen Teller. Und es schmeckt. Ziemlich gut sogar. Denn was Daniel Achilles, Küchenchef des Berliner Szene-Restaurants "Reinstoff", hier zubereitet hat, ist in Wahrheit alles andere als ein Stück Erdscholle. Der Sternekoch komponiert althergebrachte Aromen zu neuartigen Erlebnissen für die Geschmackssensorik. Getrockneter Rübensaft und Mandelsplitter an schwarzen Oliven mit Tomate-Paprika-Püree umrahmt von Perlzwiebeln, Möhren und Erbsensprossen. Dazu ein würziger Hauch ostdeutscher Wiesenkräuter: Pimpinelle, Schafgarbe, Giersch und Sauerampfer. Zutaten, die zum Zeitgeist, nein besser, zum Zeitgeist-Kochstil passen – zur Haute Hausmannskost. In
deutschen Topküchen liegt gegenwärtig nicht nur Tradition, sondern auch Land in der Luft.
Zwar interpretiert wohl niemand die Liebe zum heimatlichen Terroir so wort- und bildverliebt wie Achilles, aber dennoch: Mit seiner neu entdeckten Landküchen-Liebe ist der Berliner keinesfalls allein. Drei- Sterne-Koch Sven Elverfeld kredenzt niedersächsische Spezialitäten im Wolfsburger "Aqua", "Kochrowdy" Jakob Stüttgen kreiert puristische 3-Grundnahrungsmittel-Stakkati in der Münchner "Terrine" – Kalbsbries. Rote Paprika. Weiße Bohnen.

Die Diktatur des Geschmacks

Jung und visionär gehen die Küchenfanatiker Josef Laufer und Jan-Philipp Zehner noch einen Schritt weiter: Sie rufen die "Diktatur des Geschmacks" aus, sind bekennende Genuss-Aktivisten. "Wir wollen nicht länger hinnehmen", verkünden sie in ihrem Manifest, "dass wir betrogen werden mit Geschmacksverstärkern, Geschmacksverfälschern, künstlichen Aromen und Suchtmachern".
Zurück zu den Ursprüngen, zur Unverfälschtheit des Geschmacks, ja, zur Kochkunst soll ihre kulinarische Reise gehen. "Liebe die Vielfalt des Einfachen!" lautet das fünfte der elf Diktatur-Gebote, "Sei ursprünglich!" besagt das siebte. Laufer und Zehner bringen im Rahmen aufwändiger Events junge Köche, Winzer und Lebensmittelproduzenten zusammen. Bei gemeinsamen Menüs, Weinproben und Kochseminaren wollen sie ihre Botschaft weitergeben. Um die 80 Euro kostet die Indoktrination pro Person – so viel Geschäftssinn sei den beiden Weltverbesserern dann doch zuerkannt.

Slow Food versus Fast Food

Qualität, Zeit, Sinnlichkeit und Kultur sind Ideale, für die italienische Köche bereits im Jahr 1986 kämpften: Anlässlich der Eröffnung einer McDonald's- Filiale an der Spanischen Treppe in Rom kochten italienische Köche vor Ort hunderte Kilo Spaghetti. Die Protestaktion diente der Versinnbildlichung regionaler Küchentradition, war ein Zeichen gegen die Verbreitung von minderwertigem Fast Food. Die internationale Vereinigung "Slow Food", die daraus entstand, verfügt inzwischen über 85.000 Mitglieder in 132 Ländern. Gemeinsam engagieren sich die Genussliebhaber für den Erhalt der Biodiversität und der kulinarischen Kulturen.

Sternekost vom Acker nebenan

Mehr als zwanzig Jahre dauerte es, bis diese Ideen die deutsche Spitzengastronomie eroberten. Das deutsche Slow Food, die Haute Hausmannskost, bedient sich heute germanisch-traditioneller Zutaten und großmütterlicher Rezeptinspirationen. Allerdings: auf Sterne-Niveau. Und dazu gehören auch Schnecken – nur eben keine französischen, sondern die vom Acker nebenan. Längst vergessene Gemüse-, Kraut- und Tierarten erleben so eine Renaissance.

Weltkoch und Hausmannsköstler

In Italien geboren, findet der Slow Food-Gedanke weltweit Anklang: Wen wundert es also, dass auch der "Koch der Köche" ein Hausmannsköstler ist. Und der kocht – dem regionalen Gedanken entsprechend – die eigenen Traditionsgerichte: Moltebeeren, Moschusochsen, Rentier, Scheidenmuscheln, Königskrabben – dänische Spezialitäten also. 2009 ließ das berühmte britische "Restaurant"-Magazin eine fünfzigköpfige
Chefkoch-Jury den primus inter pares prämieren: René Redzepi. Sein Restaurant "Noma" adelt derzeit die Dänen-Hauptstadt Kopenhagen.
Der Abglanz zweier Sterne, der Ruf als drittbestes Restaurant der Welt macht die Nordlichter wieder stolz auf "ihre Küche". Redzepi ist Koch-Fundamentalist: "Wir versuchen die Saisonalität ins Extreme zu treiben", sagt er mit lang gezogenem "e". Sein Heimatland dankt ihm dieses Engagement mit einer besonderen Ehrung: Der Nordische Ministerrat machte Redzepi kürzlich zum Botschafter für "Neues nordisches Essen" (Ny Nordisk Mad).
Nur: Warum wollen wir die Retro-Kost gerade jetzt? Und das auch noch weltweit? Laut Experten liegt die Antwort im immer schneller werdenden Zeitgeschehen. Auch die allgegenwärtige (Wirtschafts-)Krisenstimmung und das daraus resultierende Unsicherheitsgefühl trügen dazu bei. Ruhe und Rückbesinnung seien neue bürgerliche Prioritäten. "Um einer Entschleunigung entgegen zu wirken, werde zukünftig ausschließlich "Pleasure Food", also traditionelle, wertorientierte Nahrung zubereitet", sagt Ernährungsexpertin Hanni Rützler.

Von Palmin-Fett bis Techno-Food

Historisch gesehen ist diese gesellschaftliche Selbstreflektion durch Kochtrends nichts Neues. Denn so wie jede Modesaison neue Kleidertrends hervorbringt, verfügt jede Esskultur-Ära über ihre eigene Küche. Noch in den 50ern saß man gemeinsam und glücklich vor dem Palmin-gefetteten Sonntagsbraten. In den 60ern und 70ern brachten die von Gastarbeitern und Urlaubern importierten Gewürze und Gemüse westdeutsche Gaumen zum Kitzeln.
Die Yuppies der 80er spreizten ihre kleinen Finger am Kir Royal-Glas, kauten an nanoteilchengroßen Lachshäppchen und feierten kühl lächelnd die "Novelle Cuisine". Erst der Globalisierungswahn der Neunziger kochte die deutsche Küche schließlich zu einer Art Multikulti-Crossover-Brei zusammen. Bis Techno-Koch Ferran Adrià das erste kulinarische Jahrzehnt des neuen Jahrtausend mit neonfarbenen Molekularexperimenten zum Leuchten brachte.

Das Ende der Schaumschläger

Genau dieser Ferran Adrià hat nun angekündigt, sein weltberühmtes Restaurant "El Bulli" an der Costa Brava ab 2012 für zwei Jahre zu schließen. Stellt sich die Frage: Gehen dem Laborkoch die Ideen aus? Hat er gar selbst erkannt, dass das Ende der von vielen als künstlich verhassten Molekularküche endlich angebrochen ist? Gut möglich.
"Die nordische Küche", prophezeite Adrià seinem ehemaligem Schützling Redzepi bereits selbst, "wird die nächste große Weltküche". Bis 2014 wolle er sich in seinem Küchenlabor verschanzen, um an neuen Speisen zu tüfteln. Und vielleicht überrascht er uns danach ja mit "Gasterópodos del campo de la Costa Brava" – Schnecken im Algenacker der wilden, spanischen Küste.

Terroir auf Tellern

Sternekoch Harald Rüssel ließ die Finessen der französischen Küche hinter sich, um deutsche Landhaus-Rezepte zur Haute Cuisine zu adeln. Für die SCHÖNHEIT lüftet der Teller-Terroirist seine exklusiven Rezeptgeheimnisse.

Der Stil eines Kochs ist sein Fingerabdruck auf dem Teller der Gäste: "Mein Fingerabdruck heißt ‚Landküche'," schreibt Sternekoch Harald Rüssel im Vorwort seines Buchs "Die neue Landküche". Doch sein Weg zu diesem individuellen Kochlöffel-Duktus war, wie so oft, ein langer – und führte Rüssel durch die Topgastronomie Deutschlands und Frankreichs. Deutsche Küche allerdings sei nirgendwo ein Thema gewesen. "Provinzküche" schon gar nicht, sagt Rüssel. Die germanische Genussweise galt in Gourmetkreisen lange als einfallsloses Ein-Teller-Arrangement, das den Gast mit Quantität statt Qualität zu überzeugen suchte. Rüssel selbst hatte jahrelang kaum Berührungspunkte mit der deutschen Küche. Erst der Wunsch, sein eigener Haus- und Küchenherr zu sein, zog Rüssel in die Peripherie, führte zum Paradigmenwechsel seiner kulinarischen Philosophie. Im rheinland-pfälzischen Naurath, seiner neuen Wahlheimat und Sitz des Rüsselschen Restaurants "St. Urban", verliebte er sich in das, was Franzosen und Winzer "Terroir" nennen. "Terroir", das ist eine Mischung aus Boden, Klima und Heimatliebe. "Es meint den Fingerabdruck von Natur und Mensch," sagt Rüssel. Zwischen bewaldeten Hunsrücker Höhenzügen und steilen Moselweinbergen kreierte der Sternekoch so inspiriert eine neue deutsche Landküche, die inzwischen Maßstäbe in der Spitzengastronomie setzt. Hier arbeitet der Koch Hand in Hand mit heimischen Produzenten an der Renaissance unverwechselbarer lokaler Produktqualität. In seinem Buch dokumentiert er seine besten Rezepte, plaudert über seinen Weg aufs Land und erzählt von heimischen Metzgern, Fischern, Gemüsebauern, Schweinezüchtern und ihren Produkten. Die SCHÖNHEIT und Harald Rüssel nehmen Sie auf den folgenden Seiten mit auf einen "kulinarischen Ausflug auf 's Land" – abseits des Multikulti-Food- Mainstreams der Großstädte.

Schichtkuchen vom Bachsaibling mit naurather Kartoffeln, grünem Spargel, Hunsrücker Kräutersalat und Eisenkrautschaum


für den Schichtkuchen (Zutaten immer für 4 Personen):

2 festkochende Kartoffeln
Salz
frisch gemahlener Pfeffer
einige Korianderkörner,im Mörser zerstoßen
einige Anissamen, im Mörser zerstoßen
50 ml geklärte Butter
6 Saiblingsfilets (à 60–80 g)
30 ml Geflügelbrühe


für den Eisenkrautschaum:
20 g Butter
1 Schalotte, in feine Streifen geschnitten
2 Champignons, in feine Scheiben geschnitten
100 ml feinherber Riesling
100 ml Fischfond
150 ml Sahne
2 TL getrocknetes Eisenkraut (Eisenkrauttee)
2g Maisstärke

Salz

frisch gemahlener Pfeffer


für die Rapsölvinaigrette:
20 ml Apfelessig
20 ml Rapsöl
20 ml Sonnenblumenöl
20 ml Geflügelbrühe
Salz
frisch gemahlener Pfeffer
Zucker
2 Pimentkörner, gemahlen
20 g Wurzelgemüse, fein gewürfelt und blanchiert (Karotten, Knollensellerie, Lauch)


Anrichten:
8 Stangen grüner Spargel, bissfest gegart
80g gemischte Kräuter (z.B. Kerbel, Estragon, Melde, Minze, Basilikum, Liebstöckel, Petersilie)

Schichtkuchen:
Die Kartoffeln schälen und in 3 mm feine Scheiben schneiden. Die Kartoffelscheiben dachziegelartig auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech schichten und mit Salz, Pfeffer, den Koriandersamen und den Anissamen bestreuen, dann mit etwas geklärter Butter bepinseln. Die Kartoffelscheiben etwa 2 Minuten im Dampfgartopf dämpfen. Die Saiblingsfilets plattieren und mit Salz und Pfeffer bestreuen. 2 Saiblingsfilets eng nebeneinander legen und mit Kartoffelscheiben belegen. Darauf wieder 2 Saiblingsfilets legen und wieder mit Kartoffelscheiben bedecken. Diesen Vorgang wiederholen. Die einzelnen Schichten immer wieder mit der geklärten Butter bepinseln, das hält die Schichten gut zusammen. Die Saiblingstürmchen in 4 viereckige Stücke schneiden, auf ein mit Backpapier bedecktes tiefes Backblech setzen, die Geflügelbrühe angießen und im auf 120 °C vorgeheizten Backofen etwa 4 Minuten garen.

Eisenkrautschaum:
Die Butter in einer Pfanne erhitzen und die Schalotten und Champignons darin farblos anschwitzen. Mit dem Riesling ablöschen und mit dem Fischfond auffüllen. Den Fond um die Hälfte reduzieren, dann die Sahne hineinrühren. Das getrocknete Eisenkraut in den Fond rühren und 8 Minuten ziehen lassen. Den Fond nochmals aufkochen, dann mit der in wenig kaltem Wasser angerührten Maisstärke sämig binden, mit Salz und Pfeffer abschmecken und durch ein feines Sieb passieren. Den Eisenkrautschaum kurz vor dem Anrichten mit dem Stabmixer aufschäumen.

Rapsölvinaigrette:
Den Apfelessig mit dem Rapsöl, dem Sonnenblumenöl und der Geflügelbrühe zu einer Vinaigrette rühren. Die Vinaigrette mit Salz, Pfeffer, Zucker und Piment abschmecken. Die Wurzelgemüsewürfel in die Vinaigrette geben.

Anrichten:
Den Schichtkuchen jeweils in der Mitte von 4 Tellern anrichten. Je eine Stange grünen Spargel rechts und links danebensetzen. Die Spargelstangen mit der Vinaigrette marinieren. Die Kräuter ebenfalls mit der Vinaigrette marinieren und auf dem Schichtkuchen anrichten. Den Eisenkrautschaum um den Schichtkuchen geben.


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